Freitag, 21. Februar 2020

Radverkehrförderung auf kommunaler Ebene

am Beispiel von: Emsdetten


Alle Bürgermeister, Land auf und ab, reden von Umweltschutz und sauberen Innenstädten. Wollen das “Stadtklima” verbessern und das Leben lebenswerter.

Aber was tun Sie?
NICHTS!
Anders die Stadt Emsdetten oberhalb von Münster. Da wurde nicht gewartet bis Berlin was tut, da wurde selber getan. Es wurde ein Förderprogramm zur Anschaffung von Lastenrädern bzw. Lastenanhängern ins Leben gerufen. Eine Aktion an der sich andere Städte und Gemeinden ein Beispiel nehmen können (sollen!).


Etwas verwundert war ich jedoch dann, als ich die Förderrichtlinien gelesen hatte. Nach meinem Weltbild und nach meiner Auffassung gehört am meisten der gefördert, der die Umwelt am meisten schont und nebenbei noch die Kassen der Krankenkassen. Dies wurde hier jedoch etwas anders gesehen. Pedelec-Lastenräder wurden/werden hier nämlich mit doppelt so viel Zuschuss bedacht wie reine Muskelbetriebene. Hier ein Auszug aus den Förderrichtlinien (hier der Link zum ganzen Text):

Für das Jahr 2019 und ggf. Folgejahre steht eine Gesamtfördersumme in Höhe von jährlich 10.000,- € zur Verfügung. Grundsätzlich beträgt die einzelne Förderung 30 % des Anschaffungspreises (inkl. MwSt.). Allerdings gelten folgende Höchstgrenzen für den Einzelfall: - Maximal 1.000,- € für elektrisch betriebene Lastenräder - Maximal 500,- € für rein muskelbetriebene Lastenräder - Maximal 100,- € für Lasten/-Kinderanhänger


Darauf hin dachte ich mir, ich frage mal bei den Verantwortlichen an, wie es zu dieser, mir unlogischen Entscheidung gekommen ist. Pedelecs sind ja nicht passe´Umweltschonend sondern nur im direkten Vergleich mit dem motorisierten Individualverkehr. Wirklich Umwelt (und Ressourcen-) schonend ist das muskelbetriebene Fahrrad/Lastenrad. Ein Pedelec verbraucht schon in der Herstellung das 10fache an Energie. Die Herstellung von Akkus ist auch nicht unproblematisch und auch wenn wir es nicht wirklich realisieren, aber die meisten Pedelec´s fahren mit Atom und/oder Kohlestrom.


Hier meine Anfrage:
Von: mobil-mit-muskelkraft [mailto:info@mobil-mit-muskelkraft.de]
Gesendet: Montag, 27. Januar 2020 21:43
An: Info
Betreff: Förderprogramm zur Anschaffung von Lastenrädern bzw. Lastenanhängern
 Guten Tag, 
ein Freund machte mich auf Ihr, im Prinzip, löbliches Förderprogram. Ich selber komme nicht aus Emsdetten und möchte das Programm nicht nutzen, keine Angst.
Ich habe mir alle Unterlagen durchgelesen und auf eine Ungereimtheit gestoßen, welche mich interessiert.
Wer besonders umweltfreundlich ist und sich ein Muskelbetriebenes Lastenrad kauft wird mit max. 500 Eur gefördert.
Wer zur Umweltverschmutzung durch den Abbau von Lizium für Akkus beiträgt und dafür sorgt das mit hohem Energieaufwand 10 Kg Elektroschrott hergestellt werden (denn das bleibt ja irgend wann übrig) und noch unter Umständen mit Atom/oder Kohlestrom lädt, sprich ein Lastenrad mit Elektromotor kauft wird mit max. 1000 Euro bezuschusst.
Wo ist da Umwelttechnisch der Sinn? Welches Zeichen setzt man damit, wenn der Umweltfreundlichere weniger bekommt? Welche Gedanken stecken dahinter? 
Es würde mich sehr freuen, wenn Sie mir die Hintergründe des Entscheidungsprozesses mitteilen könnten. 
Hochachtungsvoll, mit freundlichen Grüßen,
Thomas Wiedemann
Und dann die Antwort:
AW: Förderprogramm zur Anschaffung von Lastenrädern bzw. Lastenanhängern
Presse@emsdetten.de
06.02.2020 15:35
Sehr geehrter Herr Wiedemann, 
Sie stellten eine Frage zu dem städtischen Förderprogramm zur Anschaffung von Lastenrädern- und Anhängern. Konkret möchten Sie wissen, weshalb Käufer von nicht motorisierten Lastenrädern eine geringere Förderhöhe erhalten als Käufer von E-Lastenrädern. Nach Rücksprache mit dem Fachdienst für Stadtentwicklung und Umwelt der Stadt Emsdetten möchte ich Ihnen gerne unsere Beweggründe erläutern.
Für die unterschiedlichen Maximalförderhöhen gab es nur einen einzigen Grund:
Handelsübliche, rein muskelbetriebene Lastenräder sind im Preisvergleich günstiger als Elektro- Lasten-Pedelecs. Es mag muskelbetriebene Lastenräder als auch E-Lastenräder in sehr unterschiedlichen Preisklassen geben, was bedeutet, dass es sicherlich Lastenräder gibt, die teurer sind ein günstiges E-Lastenrad. Beispielsweise gibt es sicherlich muskelbetriebene Lastenräder, die durch ihre technische Ausstattung an die Anforderungen, die an E-Lastenräder geknüpft sind, heranreichen oder diese gar übertreffen. Damit wäre Ihr Einwand gerechtfertigt. 
Die Stadt Emsdetten beabsichtigt, Lastenräder und -anhänger grundsätzlich zu fördern, ohne ideelle Hintergedanken. Hinter der stärkeren Förderung von E-Lastenrädern im Vergleich zu muskelbetriebenen Lastenrädern steht mitunter die Annahme, dass Bürgerinnen und Bürger sich eventuell eher für ein Lastenrad entscheiden, wenn dieses eine motorisierte Verstärkung beinhaltet, um damit den Kraftaufwand für das schwerere Rad und das Gewicht der Zuladung zu senken. Nicht auszuschließen ist, dass schwere Lasten durch die Verbreitung von E-Lastenrädern womöglich sogar vermehrt unter Einsatz von E-Lastenrädern statt unter Einsatz von Autos transportiert werden, da der Motor hier im Gegensatz zu einem muskelbetriebenen Rad, den Lastentransport erleichtert. Somit könnte sich die stärkere Bezuschussung von E-Lastenrädern vielleicht sogar mindernd auf den Gebrauch von Autos zum Lastentransport auswirken. Da E-Lastenräder oftmals teurer sind, fällt die formale Förderung hier dementsprechend höher aus. 
Ich hoffe, Ihre Fragen soweit beantwortet zu haben. Sollten Sie weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
 Freundliche Grüße
i.A.
Laura Hartmann
Ich fand die Argumentation und den Gedanken im Entscheidungsprozess nachvollziehbar und verständlich.

Ja, man hätte es überdenken können und muskelbetriebene Lastenräder mehr fördern, aber das ist dann schon “Jammern auf höchstem Niveau”. Hier gibt es eine Gemeinde die nicht nur redet sondern auch handelt. Meine Gratulation dazu und ich hoffe, das Projekt läuft weiter.

Und an Euch da draußen, schlagt das doch mal bei der nächsten Gemeinderatssitzung in Eurer Gemeinde vor ……….
Hier der Link zum Projekt: LINK Hier Artikel in EV-Online: LINK