Thomas
Vorab muss ich eines sagen: Alles ist im Fluss und in
Entwicklung. Soll heißen, ich bin nicht unzufrieden mit meinen Rädern aber
suche nach „Verbesserungen“ welche mir das Radfahren erleichtern und angenehmer
machen. Mit der Zeit stellt sich manches heraus was einem nicht so gut behagt
oder was nicht den persönlichen Vorlieben entspricht. Jedoch merkt man das erst
im Alltag bei den unterschiedlichsten Situationen.
Meine Streetmaschine von HP Velotechnik ist sicher ein Spitzenrad
und man kann damit sogar die Welt umrunden (was ja schon gemacht wurde), aber
ich muss feststellen, ich werde mit „ihr“ nicht wirklich warm. Das liegt zum
einem am Unterlenker, dieser ist zwar superbequem und ergonomisch unschlagbar,
jedoch in kritischen Situation oder bei schneller Bergabfahrt fühle ich mich
nicht so ganz sicher. Zudem fahre ich viel mit meinem Garmin GPS und beim
Unterlenker muss es halt auf den Rahmen zwischen meine Beine und ist damit weit
weg und während der Fahrt nicht wirklich zu bedienen. Der kurze Radstand macht
die SM zwar wendig, aber auch beim schnellen Fahren sehr nervös. Vorteil des 20“
Vorderrades ist die Wendigkeit, jedoch fällt das kleine Rad förmlich in
Schlaglöcher und hat es an Bordsteinen nicht einfach. Aber das ist mein
persönliches Empfinden, andere Fahrer empfinden das vielleicht ganz anders.
Die Konsequenz für mich: Ein Liegerad mit „Oben“ - Lenker und
größeren Rädern. Beim Tieflieger kam ich mit dem sogenannten UDK- (um die Knie)
Lenker nicht zurecht, aber beim Kurzlieger ist er nicht im Weg und aus meiner
Sicht sehr angenehm. Also schaute ich mich (vor allem auf der SPEZI) nach
Rädern mit größeren Laufrädern und UDK Lenker um.
Folgende Räder fand ich erst Mal sehr gut:
- Das Bacchetta Giro 20 ATT, sehr gut zu fahren, angenehme Sitzhöhe, toller Lenker und Sitz aber leider keine oder nur eingeschränkte Möglichkeit einen „normalen“ Gepäckträger zu montieren.
- Nazca Gaucho Tour Aerolenker, Rad mit vielen Verstellmöglichkeiten und sehr ergonomisch, jedoch kein echtes Leichtgewicht.
- Flux S 900, worüber ich nun berichten möchte.
Immer wenn es um Liegeräder geht wende ich mich an den
Liegeradhändler meines Vertrauen, Patric vom Radium in Konstanz. Dort konnte
ich mir für 24 Std. das Flux S 900 ausleihen. Schon optisch gefällt es mir sehr
gut. Der Aero-Lenker wirkt nicht ganz so „massig“ und die 24“ Räder lassen es
sehr kompakt wirken. Erste Sitzprobe, ein großes Wow! Der Holz-Sitz ist sehr
angenehm geformt und gibt besonders im Schulterbereich einen angenehmen Halt.
Ich empfinde den Sitz viel angenehmer als GFK-Sitze.
Das Aufsteigen gelinkt recht einfach, was vor Allem an der
etwas niedrigeren Höhe des Rahmens liegt. Ist sicher mit 26“ Rädern etwas
anders. Ab dem ersten Moment fühlte ich mich auf dem Rad „Zuhause“. Alles wirkt
aufgeräumt und in Griffweite. Die Bedienelemente wie Bremshebel und
Drehriffschalter sind in einer angenehmen Position. Das Testrad ist mit einer
Sram DualDrive 3x9 Schaltung ausgestattet. Bei den meisten Liegeradfreaks nicht
gerade die erste Wahl, ich jedoch finde die Lösung sehr gut. Drei Gänge in der
Hinterradnabe und 9 Gänge mit Ritzeln und Schaltwerk geschaltet. Hat den
Vorteil das man auch im Stand die Nabe schalten kann (z.B. nach einer
unerwarteten Vollbremsung). Es gibt keine „Verbotenen Gänge“ wie bei einer
reinen Kettenschaltung, die Kettenlinie ist einfacher und vor allem, am „Ausleger“
ist alles sehr aufgeräumt. Kein Umwerfer und kein Schaltzug. Der zweite Gang
ist neutral, sprich das Getriebe dreht nicht mit und so gibt es auch keine
Verluste. Und obwohl ich in einer sehr bergigen Gegend wohne benutze ich auch
bei meiner Kettenschaltung an der SM oder am ICE-Trike zu 85% das mittlere
Kettenblatt oder bei der DualDrive den zweiten Nabengang. Und bei den anderen
15% nehme ich die geringen Reibungsverluste gerne in Kauf (sind sie doch
vergleichbar mit denen eines mitlaufenden Nabendynamos). Ist also für mich erst
Mal eine gute und kostengünstige Alternative zu meiner Traumschaltung (Pinion18 Gang) oder meiner realistischeren Wunschschaltung (Rohloff Speedhub 14
Gang).
Nach kurzer Fahrt wird klar, das Flux S 900 ist kein
Rennrad, aber ein „sau“schneller Tourer. Der Geradeauslauf ist hervorragend und
die Schwalbe Kojak in der Dimension 40-507mm rollen wunderbar leicht und
schnell. Der Aerolenker gibt mir persönlich mehr Sicherheit als ein Unterlenker.
Auf den Zentimeter genau lässt sich das Flux steuern und ich erreiche
Kurvengeschwindigkeiten welche ich mich weder mit dem Tiller meines Barons noch
dem Unterlenker meiner SM trauen würde. Die Tretlagerüberhöhung empfinde ich
als genau richtig, wobei ich da nun nicht wirklich der Experte bin. Die 24“
Räder fallen nicht so in Schlaglöcher wie die 20zöller, gleiten aber auch noch
nicht so souverän drüber hinweg wie 26 oder 28 Zoll Räder.
Die Sitzhaltung ist zum Cruisen genau richtig (bin den Sitz
in seiner aufrechtesten Stellung gefahren). Gewöhnungsbedürftig ist das
Anstoßen mit der Ferse am Vorderrad bei engen Kurven oder beim Wenden. Klappt
jedoch mit etwas Übung wenn man daran denkt das Kurvenäußere Bein zu strecken.
Im Stadtverkehr ist die Sitzhöhe ausreichend, man ist mit
den Autofahrern gut auf Augenhöhe. Go and Stopp klappt hervorragend da das Rad
sehr leicht anfährt.
Test mit Liegeradtaschen und ca. 15 Kg Gewicht je Tasche.
Die Fahreigenschaften bleiben sehr souverän. In Kurven fällt das Rad förmlich
rein und stellt sich beim Herausfahren wieder sehr willig auf. Die Heckfederung
bügelt alle Unebenheiten perfekt glatt und der Fahrspaß wird durch das Gepäck
in keiner Weise gemindert. Und gerade bei dem Zusatzgewicht machte sich der
UDK-Lenker noch mehr bezahlt. Mir persönlich gab es ein sehr hohes Gefühl von
Sicherheit. So präzise und punktgenau wie mit diesem Rad kann ich mit meinem
Unterlenker nicht fahren. Wobei bemerkt sei, ich kenne in der Szene genug „Unterlenkerfahrer“
die das nicht so bestätigen können. Viele dieser Fahrer steuern ihre
untergelenkten Räder mit vollem Gepäck über Feld- und Waldwege sowie über
Schotterpisten. Ist wohl sehr individuell.
Wie sagt man immer so schön: „Wo Licht ist, da ist auch
Schatten“. Nur konnte ich den Schatten bei diesem Rad nicht finden. Die
Verarbeitung ist, wie bei Flux gewohnt, auf extrem hohem Niveau. Die Details
zeigen, hier werden Räder entwickelt und gebaut von Leuten die Räder lieben und
selber fahren. Für meinen Rücken und Hintern ist der Sitz das Beste was ich
bisher im Markt gefunden habe und nur der Sitz auf meinem ICE-Trike ist
bequemer (wobei ich am Einspurer keinen Netzsitz fahren wollte). Das Rad war
mit Nabendynamo und gutem Licht ausgestattet und ließ keine Wünsche offen.
Ob das Rad mit 26“ Rädern noch besser läuft, das weiß ich
nicht. Jedoch kann man in dem Rahmen (ohne Schutzbleche, die passen dann nicht
mehr) ohne Probleme auch 26“ Räder fahren und das Rad so in einen echten Racer
verwandeln. Klasse diese Option.
Der Preis des Rades in der Ausstattungsvariante liegt bei
ca. 2800 EUR. Aus meiner Sicht absolut angemessen. Ich war nach den Fahrten
genau in der Stimmung das Rad zu behalten und das Vorführrad zu kaufen. Leider
war das nicht möglich da Dominik (der Chef) das Rad noch als Testrad für Kunden
benötigt, was ich gut verstehen kann.
Aber Mal sehen, vielleicht bestelle ich
mir ja auch mein Flux S 900 OL …………
Hier nun einige Bilder:
Wieder Mal im Radium |
Da steht das gute Stück |
Zuhause angekommen und ohne Hecktasche |
Gerüstet für den Test mit Gepäck |
Keine Pause im Güterhof Schaffhausen |
Neue Perspektive, plötzlich wieder ein Lenker vor einem |
Der Spiegel, genial! |
Der Schweizer würde sagen: "Lässig" |
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