Dienstag, 27. Mai 2014

Testfahrt Bacchetta Giro 26 ATT (oder der Ritt auf dem Besen)

Thomas

Letztes Wochenende war es nun so weit, ich konnte zwei Tage lang den zweiten Kandidaten auf meiner „daswürdepassen“ Liste fahren, das Giro 26 ATT von Bacchetta.


Auch dieses Rad wurde mir vom Radium in Konstanz zur Verfügung gestellt, wie vor 14 Tagen das Flux S900. Genau mit diesem sollte ich es nun auch vergleichen da ich mich genau zwischen diesen beiden Rädern entscheiden muss. Vorweg, diese beiden Räder lassen sich nicht vergleichen. Klar, technisch geht das schon, aber es sind zwei sehr unterschiedliche Gefühle beim Fahren der beiden Räder. So sollte man meine Aussagen nicht als Wertung verstehen sondern eher als ein subjektives Empfinden.



Der erste große Unterschied zwischen den beiden Testrädern war der, das Flux bekam ich in „Vollaustattung“, also mit Nabendynamo, Lichtanlage, Seitenständer, Schutzblechen und Gepäckträger zur Verfügung gestellt, das Giro „nackt“. Das machte den Vergleich nicht ganz einfach.



Fühlte man sich auf dem Flux eher wie auf einer Harley, so wird einem beim Bacchetta schon auf den ersten Metern klar, hier ist ein „Grand Turismo“ am Start. Die Sitz- und Lenkerposition ist eindeutig sportlicher. Schon die gut 10 cm mehr an Sitzhöhe lassen sich das Rad ganz anders anfühlen. Einen großen Unterschied machen auch die 26“ Räder. Das Giro beschleunigt ungemein und der Vortrieb wird erst durch die eigene Kraftgrenze gebremst.



Das Handling mit dem verhältnismäßig leichten Rad ist grandios. Das Tragen ist jedoch etwas schwerer als beim Flux, der Euromesh-Sitz lässt sich nicht ganz so schön und fest greifen wie der Sitz am Flux.



Stichwort Euromesh-Sitz. Das Giro ist komplett ungefedert! Nun sollte man meinen, ein ungefedertes Liegerad im Alltag ist nicht das „Pralle“, aber ich war sehr überrascht. Schon bei meiner Probefahrt auf der SPEZI war ich sehr erstaunt. Nach einigen überfahrenen Unebenheiten schaut man verwundert nach ob das Rad nicht doch gefedert ist. Das liegt genau an besagtem Euromesh-Sitz. Ein Zwitter aus Schalen- und Spannsitz. Diese Konstruktion verbindet die Vorteile beider Sitzkonzepte auf wunderbarer Art und Weise. Die Belüftung des Rückens ist um Klassen besser als auf jedem Schalensitz, durch die Bespannung fängt der Sitz starke Stöße sehr gut ab ohne am Berg den bekannten „Schaukelpferd – Effekt“ zu haben und trotzdem baut er schön schmal.



Die großen 26“ Felgen erledigen den Rest der (nicht vorhandenen) Federung. Die Felgen machen eh einiges aus. Schlaglöcher werden souverän überfahren, Bordsteinkannten an Ein- und Ausfahrten schmerzlos erklommen. Selbst mein Test über Feldwege verlief zu meiner eigenen Überraschung sehr gut. Klar, es ist im Komfort kein Vergleich zu einem vollgefederten Flux welches sänftenartig über alles hinweggleitet (außer Bordsteinkannten, da setzen die 24 Zöller einfach Grenzen). Aber man kann gut im Alltag damit leben wenn das bevorzugte Terrain die Strasse oder der gut ausgebaute Radweg ist. Da, wo das ungefederte Tourenrad fährt, da kann man mit dem Bacchetta auch fahren und im Gegensatz zum Rennrad sind die Wegemöglichkeiten mit dem Giro um einiges Umfangreicher.



Etwas Angst hatte ich vor dem Klapplenker, welcher sich jedoch als völlig problemlos und angenehm entpuppte. Das Vorklappen erleichtert das Auf- und Absteigen (ginge jedoch auch ohne Probleme wenn der Lenker fest wäre) und bietet den Vorteil der sehr individuellen Anpassung an den Fahrer.



Die Testrunde fuhr ich mit dem Bacchetta gute 4 km schneller im Schnitt und am Berg spielt das Giro sein Potenzial voll aus. Leichter bin ich noch mit keinem anderen Rad die Berge hochgeklettert. In wie weit sich das ändert wenn das Rad auch eine „Vollausstattung“ hat kann ich an dieser Stelle nicht sagen.



Den Test mit Gepäck konnte ich leider nicht durchführen mangels einer geeigneten Möglichkeit der Gepäckbefestigung. Aber das ist an diesem Rad eh mit etwas Herausforderung verbunden. Einfach mal schnell einen x-beliebigen Gepäckträger montieren ist nicht. Das liegt an der Sitzgeometrie. Ein großer Vorteil der Bacchetta Räder ist ja der in der Länge verstellbare Sitz, welcher das Einstellen auf verschiedene Fahrergrößen zum Kinderspiel macht. Das Umstellen von meiner Größe auf die Größe meiner Tochter dauerte keine zwei Minuten. Keine Kette kürzen oder verlängern, kein Ausleger muss verschoben werden, perfekt! Aber, ein Nachteil bei der Gepäckträgermontage (aber da fällt mir sicher noch ne gute Lösung ein).



Fazit: Das Bacchetta Giro 26 ATT ist ein echter GT. Ein sehr schneller und sportlicher Tourer. Der Sitz ist sehr bequem, reicht jedoch nach meinem Empfinden nicht ganz an den Flux-Sitz heran was den Sitzkomfort angeht. Jedoch kompensiert er sehr gut die fehlende Federung. Als angenehm empfand ich an dem Sitz auch, dass er keine feste „Vorgabe“ der Sitzhaltung gibt. Durch das Mesch passt sich der Sitz dem an, wie man gerade sitzt. Man kann ruhig Mal etwas rauf oder runter rutschen.



Das Handling des Giros ist hervorragend und auch wenn man es nicht glauben mag bei einem 26“ Vorderrad, aber das Giro ist unsagbar wendig im Straßenverkehr. Selbst sehr enge Kehren meistert das Rad mit Bravur.
Der Verzicht auf Kettenschutzrohre ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil, man spart sich auf diese Weise einige Reibungsverluste und Fahrgeräusche. Möglich wird das durch die eng am Rahmen geführte Kette die in keiner Situation im Weg ist.



Die Sitzposition ist entspannt, wenn auch nicht ganz so wie beim Flux S 900. Dasselbe gilt auch für die Arm/Hand Position.
Das einzig Gemeinsame bei den beiden Rädern ist der Aerolenker welcher bei beiden Rädern nicht mit den Knien in Konflikt kommt (wie ich es von anderen Rädern mit UDK-Lenkern kenne). Ansonsten muss man für sich entscheiden was einem „besser“ passt.
Ich weiß nicht wie meine Entscheidung ausfiele wenn ich in einer Gegend ohne Berge leben würde, aber die Berggängigkeit hat mich echt überzeugt. Über Design kann man ja bekanntlich streiten, lohnt aber nicht. Das Bacchetta polarisiert sehr. Man findet das Design entweder wirklich toll oder aber nicht. Mir gefällt es sehr gut und es ist wie der Ritt auf einem Hexenbesen.
In den nächsten Tagen werde ich das Rad bei Patric vom Radium bestellen und dann der Dinge harren welche noch kommen werden……..
Und hier nun, wie immer, Bilder:

Sicht vom Güterhof in Schaffhausen aus.


Sehr aufgeräumte Zugführung

Kein Zug ist im Weg

einfach ohne Worte

Feldwegtest: Also bitte keine 30 KM, aber Mal ein Stück ist ganz OK

Der für mich leider etwas zu kurze Rahmen macht sich durch den ganz nach hinten
geschobenen Sitz bemerkbar. Aber es gibt den Rahmen ja auch eine Nummer größer ...



Fein, oder?

1 Kommentar:

  1. Bin auf der Spezi 2014 auch einen Bachetta 26 Highracer gefahren und ..mein Fazit: Topgut! In der Tourenversion war ein Lowrider von Tubus hinten zur Montage der Gepäcktaschen montiert. Glückwunsch sind dem klasse Liegerad. Ich fahre auch ungefedert und kann Deine Aussagen nur bestätigen.

    Gruss Drosselbart (VM-Forum)

    AntwortenLöschen